Nach Ausschreitungen in Borna im Vorjahr: Verstärkung für die Polizei zu Silvester

Nach den Ausschreitungen zu Silvester 2022 in Borna trifft die Polizei dieses Jahr besondere Vorkehrungen. Oberbürgermeister Oliver Urban möchte vor Gewalttätern allerdings nicht einknicken.

Der Jahreswechsel steht bevor und ruft in Borna Erinnerungen an die schweren Ausschreitungen auf dem Markt in der Silvesternacht 2022 ins Gedächtnis. Damals wurde in der Stadt von rund 200 Menschen randaliert, einige versuchten Weihnachtsbäume in Brand zu setzen. Dem soll in diesem Jahr seitens der Polizei vorgebeugt werden. Die Stadt möchte sich hingegen nicht von den Randalieren ihr Handeln diktieren lassen.

„Es befindet sich nur noch der Weihnachtsbaum samt Schmuck und die Beleuchtung in der Stadt, und beides bleibt auch da“, sagt Bornas Oberbürgermeister Oliver Urban (SPD). „Wir wollen daran nach aktuellem Stand auch nichts ändern und den Baum wie immer bis Heilige Drei Könige stehen lassen.“ Alles andere wäre demnach ein Einknicken vor den Gewalttätern.

Aggressionen an Silvester richten sich gegen Rettungskräfte

Die Stadtverwaltung behalte die Entwicklungen jedoch im Auge. „Wenn es brennt und die Feuerwehr anrückt, dann richten die Brandstifter ihre Aggressionen regelmäßig gegen die Hilfskräfte, gegen die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr“, erklärt Urban. „Das gilt es natürlich zu vermeiden.“ Wer im vergangenen Jahr versucht habe, den Baum anzuzünden, sei nicht genau bekannt. Bereits seit mehreren Jahren wurden des Öfteren die Bäume in Borna und Kitzscher beschädigt.

Besondere Maßnahmen ergreift hingegen die Polizei. Zum einen werde der Streifendienst wie jedes Silvester personell verstärkt. „Zusätzlich wird das Revier Borna aufgrund der Geschehnisse der letzten Jahre einen eigenen Einsatz zur Silvesternacht führen und hat dazu Kräfte der sächsischen Bereitschaftspolizei als Unterstützung erhalten“, teilt Olaf Hoppe, Sprecher der Polizeidirektion Leipzig, auf LVZ-Anfrage mit.

Polizei behält soziale Netzwerke im Blick

Demnach erfolgt im Raum Borna ein an die Lage angepasster Einsatz, da neben Borna selbst auch weitere Städte und Gemeinden im Revierbereich im Fokus stehen. Zudem gab es auch Absprachen mit der Stadtverwaltung, so Hoppe. „Soweit es aufgrund der Informationsdichte überhaupt umfassend möglich ist, findet ein Monitoring der sozialen Netzwerke auf mögliche gefahrenabwehrrechtliche Hinweise statt.“ Gleichwohl sei die Polizei auch auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen, da beispielsweise in geschützten Bereichen wie Chatgruppen grundsätzlich kein polizeilicher Einblick möglich wäre. Nach LVZ-Informationen sollen zudem einzelne Polizeireviere empfohlen haben, etwa Weihnachtsbäume vorsorglich abzubauen.

In der Nachbarstadt Bad Lausick plant die Verwaltung keine besonderen Maßnahmen. Die Weihnachtsdekoration soll auch über Silvester aufgebaut bleiben, heißt es aus dem Rathaus. In den vergangenen Jahren sei dahingehend auch kein größerer Vandalismus im öffentlichen Raum aufgetreten.


OBM will nicht einknicken – Ein Jahr nach den Ausschreitungen: Bornaer Markt wird Silvester nicht gesperrt

Als das Jahr 2023 nur wenige Minuten alt war, eskalierte es auf dem Bornaer Markt. Vermummte griffen die Polizei an. Bleibt die Frage, ob es für den bevorstehenden Jahreswechsel Konsequenzen gibt.

Es waren Bilder, wie sie die meisten Menschen nur aus dem Fernsehen kennen dürften. Etwa 200 Leute hielten sich am Silvesterabend 2022 auf dem Bornaer Markt auf. Daraus bildete sich eine Gruppe, deren Zahl die Polizei später auf bis zu 60 Personen bezifferte, die die Ordnungshüter attackierten.

Die Polizei, die bis Mitternacht nur mit einem Streifenwagen rund um den Markt unterwegs war, wurde wenige Minuten nach Mitternacht gerufen. Ordnung konnten die Beamten allerdings nicht schaffen. Vielmehr entstand eine teilweise chaotische Situation. Die Polizisten wurden sogar selbst zum Ziel der meist jugendlichen Randalierer. Eine Polizistin entging nur knapp einem Feuerwerkskörper, und ein Auto wurde beschädigt. Der Christbaum wurde beschossen, ein Kiosk in der Bahnhofstraße beschädigt.

Knapp ein Jahr später steht fest: Der Bornaer Markt wird Silvester ganz normal öffentlich zugänglich sein.

Dass sich das nicht wiederholen darf, war fürs Bornaer Rathaus und Polizei schnell klar. Dennoch halten sich die Konsequenzen für Silvester in einigen Wochen in Grenzen. „Der Markt wird zu Silvester nicht gesperrt“, erklärt Oberbürgermeister Oliver Urban (SPD). Von der Idee, eine zentrale Silvesterfeier an einem anderen Ort auszurichten ist nicht mehr die Rede. Das hängt auch damit zusammen, dass sich Urban und der Stadtrat darin einig sind, dass eine Sperrung des zentralen Platzes in der Stadt als Kapitulation verstanden werden könnte.

Das gilt auch für den Christbaum, der erst vor einer reichlichen Woche vor dem Rathaus aufgestellt wurde. Bereits vor fünf Jahren war der Baum Ziel von Attacken, als Rowdys versuchten, den Baum zu stürzen. Urban räumt deshalb auch ein, dass es die Polizei gern sehen würde, wenn die Stadt ihren Baum bereits vor dem 31. Dezember abbauen würde. „Aber damit würden wir einknicken“, und das wäre das falsche Signal.

Polizei zeigt Präsenz in Borna

Mit der Polizei sei vereinbart worden, dass die Ordnungshüter bereits im Laufe des letzten Tages des Jahres verstärkt Präsenz in der Innenstadt zeigen. Es soll verstärkt Kontrollen geben. Dabei werde die Polizei besonders Jugendliche in den Blick nehmen, die womöglich unerlaubte Pyrotechnik mit sich führen. Davon verspreche sich die Stadt mehr Sicherheit, so Urban.

Borna erregte bundesweites Aufsehen

Die Polizei hält sich auf LVZ-Anfrage zu diesem Thema bedeckt. Zum „konkret geplanten Polizeieinsatz und der Einsatzstärke“ könne es „aus taktischen Gründen derzeit keine Auskünfte“ geben. Der Einsatz zum Jahreswechsel werde zentral von Leipzig aus geleitet. Die Ereignisse in Borna hatten bundesweit für Aufsehen gesorgt.

Es gab Vergleiche mit den Ausschreitungen in Berlin. Lars Klingbeil, Co-Vorsitzender der Bundes-SPD, hatte Borna mehrfach als Negativbeispiel für die vermeintlich rechten Ausschreitungen zum Jahreswechsel in Deutschland bezeichnet. Klingbeil entschuldigte sich später. Grund für Klingbeils Äußerungen war auch ein Facebook-Post, demzufolge eine Anwohnerin „Sieg Heil“-Rufe gehört haben wollte. Später wurde der Post gelöscht.

Neun Ermittlungsverfahren eingeleitet

In der Folge der Ausschreitungen in Borna leitete die Polizei neun Ermittlungsverfahren ein. Dabei ging es um Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz sowie Landfriedensbruch in Verbindung mit gefährlicher Körperverletzung sowie gemeinschädliche Sachbeschädigung. Zudem wurden Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung sowie der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen eingeleitet. Dabei wurden neun Beschuldigte im Alter zwischen 16 und 21 Jahren, allesamt Deutsche, identifiziert. Zudem wurde ein strafunmündiges Kind ermittelt, das gegen das Sprengstoffgesetz verstoßen hatte.

In den Ermittlungsverfahren wegen des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen sowie bei den Sachbeschädigungen gibt es bisher keine Tatverdächtigen. Die Verfahren liegen jetzt bei der Staatsanwaltschaft.


18.02.2019

Videoüberwachung Borna: Sechs Tatverdächtigte nach Silvester-Randale

Die Stadt Borna hält an ihren Plänen zur Videoüberwachung es Marktes fest. Dort hatte es in der Silvesternacht Ausschreitungen gegeben. Jetzt gibt es sechs Tatverdächtige.

Die Stadt Borna hält an ihren Plänen zur Videoüberwachung des Marktes fest. Das hat Oberbürgermeisterin Simone Luedtke (Linke) jetzt bekräftigt. Sie hatte das Vorhaben zu Jahresbeginn als Konsequenz aus den Ausschreitungen in der Silvesternacht angekündigt. Dabei ermittelt die Polizei derzeit mittlerweile gegen sechs Tatverdächtige.

Videoüberwachung in Borna dauert noch

Es dürfte noch dauern, bis tatsächlich Video-Aufnahmen vom Marktplatz gemacht werden. „Allerdings nur nachts“, so Luedtke weiter. Sie hatte jetzt zusammen mit ihrem Wurzener Amtskollegen Jörg Röglin (SPD) an einer Konferenz in Chemnitz teilgenommen, auf der es um Erfahrungen mit Videoüberwachungen in Sachsen ging.

Polizei in Borna mit einbinden

Es komme bei diesem Thema darauf an, den Datenschutzbeauftragten und vor allem die Polizei mit einzubinden. So müsse bei einer Videoüberwachung eine Datenleitung direkt zur Polizei sowie eine weitere in die Stadtverwaltung führen. Die Polizei sollte die Aufnahmen zumindest 72 Stunden lang auswerten können, so dass die Bilder auch so lange gespeichert werden müssten. Zugleich sei klar, „dass die Polizei nur in begründeten Verdachtsfällen Zugriff auf die Aufnahmen hat“.

Polizei ermittelt gegen sechs Tatverdächtige

Womöglich haben die Aufnahmen, die die Randalierer in der Silvesternacht von ihren Attacken auf den Christbaum auf dem Markt gemacht und ins Netz gestellt haben, dazu beigetragen, dass die Polizei jetzt gegen sechs Tatverdächtige ermittelt. Zugleich stellt sich der Polizeieinsatz in den Stunden um den Jahreswechsel anders dar.

Das jedenfalls legt eine Antwort des sächsischen Innenministers Roland Wöller (CDU) auf eine Anfrage des Landtagsabgeordneten Enrico Stange nahe. Er hatte wissen wollen, wann die Polizei über die Sachbeschädigungen auf dem Bornaer Markt informiert wurde und warum es in der Silvesternacht nicht möglich war, mehr als einen Polizisten auf den Markt zu schicken, wie es im Internet kolportiert wurde.

Vier Polizisten zu Silvester auf dem Bornaer Markt

Im Antwortschreiben des Innenministers heißt es, dass am 31. Dezember zwei Funkstreifenwagen mit vier Polizisten nach ihrer Alarmierung 23.16 Uhr innerhalb von sieben Minuten am Einsatzort, dem Markt, eingetroffen seien. Anderthalb Stunden später, als Feuer auf dem Markt gemeldet worden war, seien zwei Funkstreifenwagen mit insgesamt vier Einsatzkräften vor dem Rathaus angekommen.

Zehn Beamte hatten Silvester Dienst in Borna

Wie es in dem Schreiben von Innenminister Wöller weiter heißt, hatten in der Silvesternacht zehn Polizisten Dienst im Revier Borna. In dieser Zeit habe das Revier über 22 einsatzbereite Dienstfahrzeuge verfügt. Während der Silvesternacht seien zudem zweimal Funkstreifenwagen zu Einsätzen nach Leipzig beordert worden.

Kommentar: Videokameras – sechs Verdächtige als erster Erfolg

Es hatte schon etwas von einer Sensation, als die Bornaer Oberbürgermeisterin nach den Krawallen auf dem Bornaer Markt in der Silvesternacht ankündigte, die Möglichkeiten einer Videoüberwachung des Areals zu prüfen. Immerhin kam der Vorstoß von einer Linken und damit aus einer Partei, die derartigen Vorhaben eher kritisch gegenübersteht. Umso besser ist es, wenn die Rathauschefin jetzt auch an diesem Thema dran bleibt.

Weil sie sicher sein kann, dass es die überwiegende Mehrheit der Bornaer begrüßen würde, wenn relevante Plätze in der Stadt mit Kameras überwacht werden. Schließlich kann sich davor ernsthaft nur fürchten, wer etwas zu verbergen hat. Wer etwa mit seiner – illegitimen Zweitfrau oder seinem illegitimen Zweitmann – unterwegs ist, für den dürfte sich niemand interessieren. Wohl aber für Randalierer jeder Art, die bisher jedenfalls begründet darauf hoffen dürfen, dass sie keiner sieht.

Dass Bilder bei der Identifizierung und Verfolgung potenzieller Täter helfen können, wird auch dadurch deutlich, dass die Polizei jetzt durch die Aufnahmen, die die Silvester-Randalierer selbst ins Netz gestellt haben, sechs Tatverdächtige im Visier hat. Ein weiteres schlagendes Argument für den Einsatz von Kameras an Brennpunkten in Borna – aber auch andernorts.

Von Nikos Natsidis